Bildbeschreibung

Malerei

© Christa Estenfeld: „Doppelfigur 1“
Acryl auf Leinwand, 110 cm x 180 cm, 1990
© Christa Estenfeld: „Doppelfigur 2“
Acryl auf Leinwand, 110 cm x 180 cm, 1990
© Christa Estenfeld: „Doppelfigur 3“
Acryl auf Leinwand, 110 cm x 180 cm, 1990


Drei Mal Pygmalion. Der Macher nimmt sein Geschöpf auf den Schoß, weil er es liebt. Das Blumenkind entsteigt ihm hell. Es müsste sich entfernen, bleibt aber nah. Da liegt die Schöpferin ihm zu Füßen und das Erweckte kann nicht anders, als, getrennt von ihr, auf sie zurück zu weisen. Dabei schrumpft es, dunkelt rasch nach. Schon erreicht es Ebenholzqualität. Das Licht fällt von ihm ab. Ungläubig stiert es in die Welt. Wollte der Macher, die Schöpferin ihr Geschöpf so einsam, so ausgesetzt? Niemand versprach dem Erschaffenen, dass ihm Befreiung blühe. Es werde nur etwas aus ihm, sagte man. Wieso kam es auf die Idee, dass es ein besseres Los gezogen habe, als sein Erzeuger?

Zeichnung

© Christa Estenfeld: aus der Serie „Kleistfiguren“, 1986
(Aquarell und Farbstift)


Liebe Frau, schau nicht so bang! Es wächst dir Kraft zu, wenn du dich mit dir selbst bekannt machst. Wirst nicht den Antichrist gebären und ein Erlöser muss es nicht sein. Vor Schmerzen hast du keine Angst. Auf deine Güter zurückgezogen, wird dir und dem Kleinen wohl. Den ganzen Winter brennen Feuer und im Herbst ist der Fluss noch warm. Einige Male versuchst du den Vater des Kindes zu erinnern. Das scheint dir bald aussichtslos. Mutter, wie weit darf ich reisen, wird es einmal an deinem Ohr fragen. Wenn du mich ziehn lässt, vielleicht bringe ich dir deinen Herzallerliebsten, von dem du nie redest.

© Christa Estenfeld: aus der Serie „Kleistfiguren“, 1986
(Aquarell und Farbstift)


Sie wollen dich wecken, obwohl dein Anblick im grünen Gras sie rührt. Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Mit Prinzen, glauben sie, kann man es machen.
Du hast geträumt, sagen sie. Na und?
Ihr Schlafwandler! Das ganze menschliche Geschlecht verschläft doch ohne Gewissensbisse die Hälfte seiner Lebenszeit. Gibt vor, müde zu sein, gibt vor, Regeneration zu betreiben. Und drängt ab, was das Bewusstsein überschwemmte.
Schaut euch das ewig tanzende, ringende Meer an oder den Sand, den es zum Bau immer neuer, anders geformter Dünen treibt. Da ist kein Schlaf, nur ein bewusstloses Festhalten an der Evolution. Seht mal die Bäume, wie sie sich am einmal verwurzelten Ort einrichten. Sie umkrallen Steine, kämpfen sich am Geröllabhang langsam, durch viele verkrüppelte Stadien in die vertikale Position. Trotzen dem Sturm, der sie ihr Leben lang zauseln wird, bis er sie schließlich aus dem bißchen Boden reißt, den sie zusammengerafft haben.
Wenn der Sturm einmal nachlässt, flüstern die Bäume, dass das Leben an ihrem Ort veränderlich und interessant genug ist, dass sie nicht über ihren Berghang hinaus noch Schritte tun müssen. Und dass das Leben ein Traum ist. Nacht und Tag, die gleiche Arbeit, die gleiche Wirklichkeit.

© Christa Estenfeld: aus der Serie „Tiermenschen / Menschentiere“, 1987
(Aquarell und Farbstift)


Ich bin das Pelztier, das dir den Platz frei hält.
Mit Hasenohren lausche ich dem Konzert.
Die Grillen des Haushalts veranstalten manchen Schabernak, wenn du nicht da bist.
Auch die Uhren gehen so laut. Wo nur treibst du dich all die Zeit herum?
Suchen werde ich dich nicht, denn ich hab mir die Trägheit angefressen.
Ich verschlucke die Knöpfe im Polster, um dir ein wenig Wachsamkeit abzunötigen.

© Christa Estenfeld: aus der Serie „Tiermenschen / Menschentiere“, 1987
(Aquarell und Farbstift)


Pferd und Reiter, ein altes Motiv. Sausend in die Länge gezogen. Glänzender Brauner, dir sitzt dein Herr voll Lust im Nacken. Wildes Pferdchen, gibt gern seine Mähne zum Halt. Dafür zischt der Getragene Geschichten der Wüste ins gerollte Ohr, dass der Braune vor Freude laut wiehert. Sie kämpfen sich weiter, die Ansässigen schauen ihnen ungläubig nach. Der Hengst hält nur an bei der Stute, die ihn sofort empfängt.
Er weiß um den Atftrag. Der flüchtige Schatten des Reiterbildes muss alle Orte der Erde bestreichen.
Die Kartografien der Länder bilden sich ab auf Pferd und Reiter. Vieles ritzt sich ich ein. Was wissen sie voneinander? Deine Mähne ist schwärzer als meine, weiß das Tier. Und Krallen hast du statt Hufen an den Vorderbeinen. Du sitzt mir auf, doch dein Blick wird nicht weiter reichen als meiner. Fast sind wir eins geworden, über die Zeit, die wir schon zusammen sind. Ich kann mir mein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen, singt der dahin fliegende Kamerad und wirft seinen Mantel ab, der ihn schon lange behindert.

Plastik

© Christa Estenfeld

Steht mir gegenüber. Hohlräume, sonst nichts in der Puppe. Außen die Schwellung des Fleisches, Erde, gebrannt. Steht, schaut durch geformte Augen. Birgt ein Böckchen in der Außentasche. Braver Schutzengel. Niemand da, außer diesem Ponykind. Es grüßt uns ernst, wird weiter stehen.

© Christa Estenfeld

Hats vielleicht nicht mehr ausgehalten. Da kam ihr der Karton gelegen. Augen zu und die Füße besser über Kreuz. Kann an den Fingern abzählen, was noch zählt in der Welt der Lehmgestalten. Millionen vor uns, sind dahingegangen. Der rote Leib ist allem blind ausgeliefert, also schone ihn. Das einmal Gebrannte widersteht beim Fallen kein zweites Mal.

© Christa Estenfeld

Ich zeige dir meine Haut. Noch trage ich sie. Betrachte die Zeichen. Ich stehe gerade für alles, was du liest, auf Proklamationen an Palastmauern wie Toilettenwänden. Soll ich die Woodoopuppe sein, so traktiere mich. Willst du mich in den Arm nehmen, bin ich dein leises, entschärft exotisches Kind.